Faszinierende Charaktere

In meinem Eintrag „Was fesselt uns“ habe ich darüber geschrieben, was mich persönlich dazu bringt, einen Roman gern zu lesen. Ich kam zu dem Schluss, dass es bei mir letztendlich die Charaktere sind, die mich an eine Geschichte binden. Darum wollte ich mir heue Gedanken darüber machen, was einen Charakter für mich eigentlich interessant und anziehend macht.

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Einige der Figuren, über die ich irgendwann gelesen habe, begleiten mich noch immer und werden das vermutlich bis an mein Lebensende tun. Und es kommen immer wieder neue dazu, die mich beeindrucken, vereinnahmen oder in manchen Fällen auch abstoßen, denn auch dadurch, dass man ihn oder sie hasst kann ein Charakter einen natürlich faszinieren.

Einige Eigenschaften sind bei fast allen dieser Figuren ähnlich. Ich mag zum Beispiel Protagonisten mit Ecken und Kanten, die nicht geradlinig und der Gesellschaft in der sie leben angepasst sind. Das muss keinesfalls immer heißen, dass sie schon am Anfang der Geschichte Rebellen sein müssen, die sich allem widersetzen, was um sie herum geschieht. Bei „The Hunger Games“ zum Beispiel fand ich es gerade spannend, dass Katniss das System in dem sie lebte zwar in Frage stellte, aber ich noch nicht aktiv dagegen auflehnte, da ihr die Sicherheit ihrer Familie wichtiger war. Auch die Spiele versucht sie am Anfang einfach zu gewinnen, um zu überleben. Erst nach und nach wächst in ihr auch der Wille, sich aufzulehnen und die Regeln mehr und mehr zu durchbrechen, bis sie zu einem Symbol der Revolution wird, wenn auch widerwillig. Ihren Weg zu verfolgen fand ich unheimlich spannend, auch weil sie keine typische weibliche Heldin ist. Bis zum Schluss bleibt sie selbständig und behält ihre etwas herbe, kühl wirkende Art bei. Dafür bin ich besonders dankbar, da ich die Darstellung von Frauenfiguren in Literatur oft problematisch finde.

Ich denke für jeden ist es eher uninteressant, einen Helden präsentiert zu bekommen, der keinerlei Schwächen hat und sich von Anfang an allen Schwierigkeiten mühelos widersetzt. Ein Charakter, der durchaus mit den Hindernissen zu kämpfen hat, die ihm in den Weg gelegt werden, wird mich viel eher berühren, als ein glatter Superheld. Sogar in Actionfilmen kann man heue beobachten, dass die Charaktere menschlicher werden, weniger unbesiegbar. Gerade der „unwahrscheinliche Held“, jemand der in einer Extremsituation über sich hinaus wächst, wie Frodo in „Der Herr der Ringe“ wird mir immer sehr viel näher sein.

Ich muss allerdings auch sagen, dass ich es äußerst spannend finde, wenn eine Heldin über die ich lese ganz spezielle Stärken hat. Katniss zum Beispiel ist keine gute Kämpferin, aber eine talentierte Bogenschützin und schafft es, dieses Talent für sich einzusetzen. Bei „Harry Potter“ fand ich es gut, dass er, nachdem er in so vielen Dingen eher mittelmäßig ist, im Quidditch überraschenderweise großartig ist und darin etwas findet, das ihm viel bedeutet. In „Zusammen ist man weniger allein“ mochte ich es sehr, dass Camille gut zeichnen konnte und mir hat die Beschreibung ihrer Arbeit sehr gut gefallen. Schon allein de Möglichkeit über eine Fähigkeit mehr zu lernen finde ich gut, vor allem natürlich wenn deieAutorin sich mit dem Talent ihrer Heldin liebevoll und genau auseinander setzt. Ein weiteres Beispiel sind für mich „Miss Marple“, deren Menschenkenntnis mich immer wieder beeindruckt oder „Sherlock Holmes“, der mit seiner Fähigkeit zu kombinieren fasziniert.

Etwas, das mich ebenfalls schnell in eine Geschichte hineinzieht ist, wenn ich Mitgefühl mit dem Charakter habe. So ging es mir natürlich auch bei „Harry Potter“, der am Anfang komplett alleine ist und bei einer Familie lebt, die ihn wie Abschaum behandelt. Man möchte unbedingt, dass es für ihn besser wird und liest weiter. Damit im Zusammenhang steht auch, dass ich es spannend finde Charakteren zu folgen, die sich aus eigener Kraft aus negativen Situationen befreien, oder zumindest tapfer ausharren, ohne zu verzweifeln. Beispiele dafür sind „Jane Eyre“, wo die Titelheldin nicht aufgibt für sich ein lebenswertes Leben zu erschaffen. Auch Holden Caulfield in „Der Fänger im Roggen“, kämpft dafür in einer für ihn verwirrenden Welt einen Platz für sich zu finden. Wenn ein Charakter diesen oder einen ähnlichen Weg geht, wird mich das immer beeindrucken.

Ich habe schon ein paar Eigenschaften angesprochen, die Charaktere für mich faszinierend machen: Tapferkeit, Beharrlichkeit,  ein gewisser Hang zur Rebellion und die Fähigkeit äußere Umstände und Regeln nicht fraglos zu akzeptieren. Was außerdem noch ein sehr wichtiger Punkt ist, ist wie Charaktere mit Anderen umgehen. Loyalität finde ich immer wieder aufs Neue berührend und gerade wenn sie unerwartet kommt ist diese Tugend etwas, das mir einen Charakter ohne Ausnahme näher bringt. Genauso geht es mir mit der Bereitschaft für Andere etwas zu opfern oder sich für sie in Gefahr zu begeben. Was das angeht bin ich sehr altmodisch, denn diese Eigenschaften gehören ja schon zu den neun edlen Tugenden der Heldenepen.

Ebenfalls ansprechend finde ich es, wenn es einem Charakter immer mal wieder gelingt mich zu überraschen, sei es indem er anders handelt, als man es von ihm in einer Situation erwartet hätte oder dass neue Züge seines Charakters hervortreten, oder gar, dass er es in der Geschichte eine andere Rolle spielt als zunächst angenommen. Natürlich sollte das nicht so weit gehen, dass man den Charakter am Ende nicht mehr wiedererkennt. Ganz besonders fesselnd finde ich Figuren, die einem erst als extrem negativ präsentiert werden und irgendwann in der Geschichte einen Wandel vollziehen, so wie es bei Professor Snape der Fall war. Dies muss aber in jedem Fall glaubwürdig geschehen und darf nicht Mittel zum Zweck sein. Über Gegegnspieler würde ich allerdings gerne einen eigenen Blogeintrag verfassen, da es hier zu weit führen würde.

Gibt es etwas, das dich an Charakteren immer wieder fasziniert? Oder auch etwas, das dich sofort abstößt?

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